See mit Alpenpanorama

Wochenendwahnsinn

Kaum waren die Beschränkungen gelockert überfüllen sich die Parkplätze im Oberland mit Besuchern aus der benachbarten Großstadt. Man darf wieder Strawanzen, das Sprachzentrum muss jedoch weiterhin mit einem Lappen verdeckt werden.

Der und Das – und neuerdings auch Dings-Münchner misst seinen persönlichen Freizeitwert offensichtlich in Stauminuten, die es zu überwinden gilt, bis die Erholung am Zielort mit tausend anderen Individualisten einsetzt. Ein Teil erklimmt sogleich mit der Seilbahn die Berge in Überlebensjacken aus Spezialmembran die als Sitzplatzmarkierung im hippen Gipfel-Selbstbedienungslokal dienen. Die gerne in Signalfarben teuer erworbene Hochalpinbekleidung wird Handtuchersatzmässig über ganze Bänke und Tische drapiert. So bezeugt man wie im Urlaub nachfolgenden Seilschaften seinen Gebietsanspruch.

Während die einen schon über dem Kuchen schwitzend ins Voralpenland blinzeln und dabei Kaffee mit Eigenschweiß verdünnen – sind die anderen noch unterwegs. Per Pedes wie der Lateiner die seit Jahrtausenden bewährte Fortbewegungsart nennt, in der ein Fuß vor den anderen gesetzt wird. Auch hier gibt es Hetzer, Genießer, Bummler und Übermotivierte. Ein mancher erfasst mittels modernster Satellitentechnik jeden Schritt des Tages um zuhause seine Leistungsfähigkeit in einer Grafik zu analysieren.

Flachlandalpinisten aus München.

Es wird geschnauft, geschwitzt, geschimpft, Gehstöcke werden paarweise in den Boden gerammt. Den vor Müdigkeit schwachen Körper über die Letzen Hindernisse und Felsbrocken in Richtung Gipfel zu hieven erfodert von allen beteiligten enorme Kräfte. Die oftmals bis zu einer ganzen Stunde andauernden Besteigungen bringen Mensch und Material aus den Münchner Häuserschluchten schnell an die Grenzen Ihrer Leistungsfähigkeit.

Von all dem Fußvolk nur gestört fühlt sich der E-Biker. Er ist ohnehin der Meinung die Art der Fortbewegung revolutioniert zu haben und nur der Pöbel führe noch “mit ohne” Motor. Die am Heck des glitzernden drei Tonnen SUV’s schwebenden Gehhilfen zum Preis eines Kleinwagens dürfen bei keinem Ausflug fehlen. Modernste Technik ermöglicht es nun auch dem letzten übergewichtigen rotgfotzerten-Bierbauchgwamperten Streichholz-Wadln-Radler im Eiltempo Berge zu erklimmen so lange der Akku hält. Es geht hinauf in Regionen die der ungeübte sonst nur mit dem Rettungshubschrauber überflogen hätte. Wanderer sind nun genötigt jeden E-Mobilisten vorbeizulassen, was auf schmalen Wegen oft mit Warterei einhergeht – schließlich ist der Anspruch des Radlers das Fahren, nicht das Warten. Rücksicht kann da nicht genommen werden, es wird alles und jeder umfahren, angefahren und dann weitergefahren.

Die Radler – wie in der Stadt.

Das man am Wochenende aus der Stadt in die Berge geht um einmal nicht hinterrücks von einem Radler zusammengeschoben, angeklingelt oder angepöbelt zu werden geht hier vollkommen verloren. So verschiebt sich die Stadt der man zu entfliehen versucht in die Natur.

Wo sonst von Kühen glutenfreie Milch für das Hippe-Bio-Krispy-Nachaltigkeits-Müsli der Städter prduziert wird ist am Wochenende die Hölle los. Alles verwandelt sich in einen Schauplatz für Actionfilme. Alles muss heutzutage gefilmt, mit Drohnen beflogen und fotografiert werden. Die Filmchen und Fotos werden unmittelbar vor Ort per Hochgeschwindigkeitsverbindung ins Netz geladen. Während die trendige-digital-action-gruppe inmitten einer wunderschönen Blumenwiese ins Gerät starrt, um zu sehen wie viele Digitalsklaven den Datenmüll auch toll finden- vergeht der Augenblick ohne, dass jemand daran teilnimmt.

Endlich oben!

Oben angekommen geht die Sitzplatzsuche los, es ist überfüllt. Der Nachbar ist auch da und nickt halbfreundlich. Sie alle hatten die gleiche erfolglose Idee – zu entkommen. Damit so ein Wirt seinen Winter am Strand verbringen kann kostet der Kaiserschmarren hier “oben” auch gleich mal so knapp an der Grenze zwischen Körperverletzung und Beleidigung. Dafür ist er oft nicht gut – macht aber nix, ist halt so auf einer echten griabigen Alm. Kulinarisch zünftige Spezialitäten wie der frische Leberkäs mit Ketchup und einem Glas Champagner für € 19,50 zählen bestimmt zu den Highlights jeder Bergbesteigung. Das über 95% der Hütten ganz normal mit einem mehr oder minder Geländegängigen Kfz versorgt werden können spiegelt sich im Preis eher nicht.

Abends rollt die Blechkarawane dann zurück in die Stadt. Die Fahrräder werden abmontiert und in den Keller verbracht, der Fahrradständer vom Fahrzeug abmontiert, die Membrankleidung sorgfältig zusammengelegt. Dem Nachbarn nickt man freundlich zu, schließlich hat man sich seit der rustikalen Almwirtschaft am Nachmittag nicht mehr gesehen. Was für ein schöner Tag, versucht man sich einzureden… nur drei Stunden nach Kochel, und vier Stunden zurück, herrlich, am nächsten Wochenende fahren wir nach Garmisch, das ist bestimmt nicht so viel los!

Nützliche Links:

Garmisch Partenkirchen
Blombergbahn Bad Tölz
Oberland bei Wiki

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